..... Fortsetzung
Vor zehn Jahren führten mit Ausnahme jener Tiere, die in Labelbetrieben, wie COOP- Naturafarm, M-Engagement oder Bio-Knospe gehalten wurden, die 150'000 Muttersauen in der Schweiz ein extrem trostloses Dasein. Mit Beginn der ersten Trächtigkeit wurden die bewegungsfreudigen und höchst sozialen Tiere für die nächsten Jahre, bis sie in den Schlachthof kamen, einzeln in eine Art Kasten mit den Massen 65 x 195cm gesperrt. Selbst bei der Geburt und während des Säugens blieben sie fixiert. Ohne Sozialkontakt und Bewegungsmöglichkeit - nicht einmal zum Drehen reichte der Platz - kam diese Haltungsart einer lebenslangen, grausamen Folter gleich; in ihrer Tierschutzrelevanz der Käfigbatteriehaltung von Hühnern vergleichbar.
Auf Druck des Tierschutzes und weil sämtliche veterinärmedizinischen und ethologischen Studien diese Kastenstandhaltung als tierquälerisch brandmarkten, erliess der Bundesrat 1997 ein Verbot. Damit die wirtschaftlichen Konsequenzen für die Schweinehalter verkraftbar blieben, gestattete er eine grosszügige Übergangsfrist von zehn Jahren. Diese ist nun Ende Juni 2007 abgelaufen und die Schweiz damit endlich kastenstandfrei, wie andere europäische Länder, beispielsweise Norwegen, Schweden und Grossbritannien. Der Schweizer Tierschutz STS würdigt das Kastenstandverbot als Fortschritt für die Tiere und Erfolg für den Tierschutz. Doch auch die Schweinezüchter haben profitiert: Heute müssen weniger Medikamente eingesetzt werden und die Zahl der Ferkel, die eine Muttersau erfolgreich grosszieht pro Wurf, ist höher als vor zehn Jahren. Mehr Tierschutz war hier auch wirtschaftlich.
Leider trüben aber mehrere Punkte das Bild:
1. Trotz Verbot gibt es noch Betriebe mit Kastenstandhaltung
Die STS-Recherche deutet darauf hin, dass die kantonalen Vollzugsbehörden zwar die Schweinezüchter gut informiert haben und entschlossen sind, fehlbare Züchter zu strafen. Es ist allerdings nicht geplant, die Zuchtbetriebe systematisch auf das Kastenstandverbot zu kontrollieren. Während die Behörden davon ausgehen, dass die Bauern das Verbot umsetzen, sind private Beratungsdienste und Schweinezuchtorganisationen, insbe- sondere in der Zentralschweiz, eher skeptisch. Sie sind der Meinung, dass diverse Züchter pokern und hoffen, nicht erwischt zu werden.
Der STS fordert darum die kantonalen Vollzugsbehörden auf, die Schweinezuchtbetriebe raschmöglichst flächendeckend zu überprüfen. Dies einerseits, um den gesetzlichen Vorschriften Nachdruck zu verleihen und andererseits um zu verhindern, dass Tierschutz- sünder nicht ungerechtfertigterweise Direktzahlungen abkassieren.
2. Minimalistische Umsetzung statt tierfreundliche Haltung
Statt die Gelegenheit zu nutzen und beim Stallumbau tierfreundliche Buchten mit Einstreu zum Liegen, genügend Platz zur Bewegung und Auslauf ins Freie zu erstellen, scheint sich ein erheblicher Teil der Schweinezüchter lediglich am absoluten Minimum orientiert zu haben. So behalten offenbar viele Bauern die Kastenstände und öffnen lediglich den hinteren Teil, um den Sauen so etwas mehr Bewegung auf dem Stallgang oder in der Bucht zu geben. Da offizielle Kontrollen oft angemeldet erfolgen, kann ein tierunfreund- licher Bauer die Sauen jederzeit wieder in die Kastenstände zurücksperren. Wie die STS-Recherche zeigt, leisten renommierte Stallbaufirmen derartigen Betrügereien mit dem Verkauf von Stallsystemen Vorschub, die in Sekundenschnelle in die verbotenen Kastenstandhaltung umgerüstet werden können. Der STS fordert darum zwingend unangemeldete Kontrollen und ein Verbot jeglicher Kastenstände.
Schweizer Mastschweine vom Gesetz kaum geschützt
Während die Muttersauen mindestens auf dem Papier jetzt besser geschützt werden, soll für deren Nachwuchs nach dem Willen der Landwirtschaftslobby alles beim Alten bleiben. Der Bundesrat ist bereit, bei der aktuellen Revision der Tierschutzverordnung den armen Mastschweinen einige Quadratzentimeter mehr Platz einzuräumen. Dies aus gutem Grund, denn Studien und Praxiserfahrungen zeigen, dass eng und ohne Einstreu und Auslauf gehaltene Schweine vermehrt Verhaltensstörungen, Verletzungen und Schäden aufweisen und in solchen Ställen häufig antibiotikaresistente Keime auftreten. Doch die Landwirtschaftsfunktionäre laufen beim Bundesrat selbst gegen diese moderaten Verbesserungen Sturm, die auch im Sinne der Konsumentensicherheit wären und von denen jährlich etwa eine Million Mastschweine profitieren könnten. Lieber möchten die konventionellen Mäster ihre Schweine weiterhin nach dem Vorbild der ausländischen Tierfabriken halten. Der STS fordert darum den Bundesrat auf, bei der anstehenden Revision der Tierschutzverordnung Mastschweinen mehr Platz, Einstreu zum Liegen und Auslauf ins Freie zu geben.
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>> www.tierschutz.com/main/aktuell/tierschutzverordnung.html